Zitat von Olsen im Beitrag #2908Vor der Morgenröte Man lernt wenig über Stefan Zweig, über den ich vorher nichts wusste, aber der Film macht trotzdem neugierig auf sein Werk. Unterm Strich ist es mehr eine Geschichte über Flucht und Leben im Exil als eine Künstlerbiografie. Mit dem sehr ruhigen Erzählstil Maria Schraders komme ich bestens klar, Josef Hader hat mich erstmals als Schauspieler beeindruckt (hab aber auch so gut wie nichts mit ihm gesehen). 8/10
meine rede (wobei ich noch ein pünktchen drauflegen würde):
Zitat von gnathonemus im Beitrag #2561vor der morgenröte, maria schrader, 2016
ein meisterwerk der leisen töne, der andeutungen, der leerstellen. und der zuschauer muss sie füllen, andeutungen interpretieren. nein, maria schrader hat hier kein holzhammer-biopic erschaffen, sondern nur anhand der darstellung einiger tage aus dem leben von stefan zweig im exil umrissen, wie es wohl so vielen jüdischen oder anderen geflüchteten künstlern, intellektuellen, etc. erging. josef hader ist brilliant, wie er den gefeierten schriftsteller gibt, der von empfang zu pen-kongress zu presse-konferenz hetzt, immer den schein wahrt, aber unter dessen freundlich-bescheidenener art und der dankbarkeit gegenüber seinen gastgebern die verzweiflung über die zustände in europa, die entwurzelung und die depression schimmern und nur manchmal - gegenüber seiner ex-frau (auch großartig: barbara sukowa) und einem befreundeten journalisten (matthias brandt), der zufällig in die nachbarschaft seines letzten domizils in petropolis zieht - bricht es aus ihm heraus ("wie kann man das aushalten?") oder man liest es aus seinem gerührt-wehmütigen blick heraus, wenn eine untalentierte blaskapelle bei einem improvisierten (und ziemlich komischen) empfang in einem provinznest "auf der schönen blauen donau" hinstümpert. der epilog, der kurz nach seinem selbstmord (und dem seiner 2. frau) spielt, zeigt nochmal die ganze meisterschaft von maria schraders regie: nüchterne polizeiarbeit, entsetzte nachbarn und offizielle, trauernde freunde, betende, matthias brandt, der den abschiedsbrief verliest - ein panoptikum im schrankspiegel und einmal ganz kurz - als die schranktür bewegt wird, sieht man die beiden toten. man sitzt nur da und staunt und ist bewegt. was für ein toller film!
und schau dir mal die vefilmungen der brenner-romane von wolf haas an (komm süßer tod, silentium, der knochenmann, ...) oder "indien" (einer meiner absoluten lieblingsfilme) oder den fernsehfilm "ein halbes leben". da zeigt der hader, was er so drauf hat.
Zitat von gnathonemus im Beitrag #2911 und schau dir mal die vefilmungen der brenner-romane von wolf haas an (komm süßer tod, silentium, der knochenmann, ...) oder "indien" (einer meiner absoluten lieblingsfilme) oder den fernsehfilm "ein halbes leben". da zeigt der hader, was er so drauf hat.
"Indien" habe ich gesehen, der ist sehr gut.
Was die anderen angeht, ich habe es ja echt nicht mit deutschsprachigen Krimis. Ich weiß, dass diese Filme alle einen sehr guten Ruf haben. Vielleicht irgendwann mal in einer schwachen Minute.
Zitat von JackOfAllTrades im Beitrag #2909Mein zweiter Social-Distancing-Film. Gemeinsam Film gucken und dabei per WhatsApp kommentieren.
Ich frage mich, wie viel man noch vom Film hat, wenn man ständig am Handy rumspielt.
Kommt auf den Film an. Bei "Parallelwelten" ging es ganz gut. Bei "In guten Händen" auch.
Ich habe diese Woche aber festgestellt: Bei "Westworld" sollte man sich den Blick aufs Handy für 50 Minuten verkneifen. Und gestern habe ich allein mit "V wie Vendetta" angefangen, aber auch immer wieder mal aufs Handy geschielt UND ich wurde müde.
Die letzten Sechs in der Playlist: Honeyglaze - Real Deal || Laura Marling - Patterns In Repeat || Nieve Ella - Watch It Ache and Bleed || Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet In a World Full of Noise || Flip Top Head - Up Like a Weather Balloon || Haley Heyndericks - Seed of a Seed
Das neue Gewand hat geholfen die volle Länge durchzuhalten. Die ca. 4-6 Versuchen, den Alten zu schauen sind immer an der antiquierten Darstellung der Dystopie gescheitert, auch wenn der Film 1982 wohl eine fantastische optische Wirkung gehabt haben muss.
Ich liebe Dystopien, ich liebe ruhige, grosse Bilder, ich habe keine Liebe für Blade Runner.
es werden tiefgehende Fragen der Menschlichkeit aufgeworfen, die Antwort ist ein dünnstes Süppchen, zusammengemixt aus Stille (wo sind eigentlich die Trillionen Menschen und Maschinen, die diesen Moloch bewohnen) und bedeutungsschweren Blicken, mit einem bedauernswerten Mangel an Politik und ganz überhaupt Dynamik.
die hanebüchene Story (es scheint einfach von einem Handlungspunkt zum nächsten gefahren zu werden, ohne wirkliche Motivation eines Zusammenhangs) ist bevölkert von Karikaturen aller wortkargen Hollywood-Antihelden ever, und diese Lakonik nur um der Atmosphäre Willen ist hier einfach ausgeschüttet worden. Gefühlt gibt es hier keine Dialoge, sondern nur singulär ausgesprochene Sätze und Gedanken, und was mich dabei stört, ist das selbe Prinzip, wie wenn in Filmen ein Telefonat oder Gespräch einfach ohne Verabschiedung beendet werden: niemand verhält sich so, auch keine Replikanten, und was Coolness oder Pathos suggerieren soll, unterbricht den Fluss der filmischen Unterhaltung und der emotionalen Beteiligung immens.
Ja, die Bilder und die Kamera sind fantastisch, aber für diesen kleinen Meditationstrip ist das eine unglückliche Verschwendung.
nicole kidman ist spektakulär und damit meine ich nicht ihre optische transformation, sondern die darstellung dieser versoffenen, verbitterten und verhärmten polizistin, deren leben - teils den umständen geschuldet, aber zum großteil durch eigenes verschulden - völlig im arsch ist, bis sich eine chance auftut, wenigstens ein bisschen was gerade zu rücken. und das verfolgt sie dann kompromisslos und z.t. mit äußerster brutalität. aber das ist keineswegs ein actionfilm oder rachethriller, wie man anfangs annimmt, sondern ein slowburner von einem drama/film noir - lediglich mit elementen aus den o.g. genres versehen. kusama hat das ungeheuer gut inszeniert: die atmosphäre ist bedrückend, das ewig sonnige l.a. wird als kontast wie ein einziger abgefuckter hinterhof dargestellt, der subtil brodelnde soundtrack tut ein übriges dazu. für mich ein absolut würdiges follow-up zum brillianten vorgänger "the invitation". bin gespannt, was da noch folgt.
lobend erwähnen möchte ich auch noch ein paar details, die für einen genrefilm ungewöhnlich realistisch dargestellt sind:
schlägereien und sonstige gewalteinwirkung haben tatsächlich konsequenzen. die protagonisten sind danach wirklich groggy und tragen echte verletzungen davon, statt in der nächsten szene wieder munter herumzuhüpfen. interaktionen oder aussprachen mit und über die total verkorksten beziehungen zu ex-mann oder tochter führen nicht über kurz oder lang zu friede-freude-eierkuchen. es wird lediglich die bitterkeit etwas abgemildert. der bösewicht wird einfach abgeknallt. keine ausschweifenden aussprachen, erklärungen, plot twists. einfach boom, boom, boom, tot isser.
Ich antworte mal hier. Sicherlich waren das für alle im Publikum unvergessliche Abende, keine Frage, siehe auch die Szenen im Abspann. Auf der Couch funktionierte das leider nur bedingt und wirkte tatsächlich manchmal wie ein TED Talk. Der Szenenapplaus nervt z.B. recht schnell und die "spontanen" Gags regen eher zum Augenrollen denn Lachen an. Die Geschichte wird nur von Mike D und Ad-Rock (und Adam Yauch, der wie ein Geist über allem schwebt, via Archivmaterial) erzählt, was recht einseitig rüberkommt. Da hätte ich mir schon eine traditionelle Doku gewünscht, um auch alte Weggefährten zu Wort kommen zu lassen. Genügend Material ist ja offensichtlich vorhanden. Auch wenn das jetzt alles sehr negativ klingt, ich hatte die kompletten 2 Stunden Spaß, nicht zuletzt wegen den beiden schon etwas in die Jahre gekommenen Dads. Wie sie sich die Bälle zuspielen, rumalbern, über sich selbst lachen, dem kann man sich nur schwer entziehen. Insgesamt hatte ich mir dennoch mehr erhofft.
Schwedisches Weirdo-Drama über Trollmenschen, die Kinderporno-Ringe aufdecken und weiche Knetbabys bekommen, bei Bedarf Penisse wachsen lassen und mit süßen Füchsen befreundet sind. Da drüber liegt dann eine Message yadda yadda. Bei einem Pärchen-Date gesehen. Wir sind uns jetzt alle ein Stück näher gekommen. Ich fand den toll. Gibt's bei Prime.
Jetzt endlich mal gesehen. Fand den auch ziemlich gut. Vor allem ist das eine sehr originelle Fremdsein-Story. Und zu den süßen Füchsen füge ich noch süße Elche hinzu
jau, und jetzt ich und ich kann euch beiden nur beipflichten. toller film, weil er die richtigen fragen über das menschsein zwischen sozialem und triebhaftem, instinktgeleiteten wesen, geschlechteridentitäten und sexualität stellt - und auch einige antwortansätze dazu liefert. der wird mich noch eine weile beschäftigen.
Zitat von McDermott im Beitrag #2918Der Szenenapplaus nervt z.B. recht schnell und die "spontanen" Gags regen eher zum Augenrollen denn Lachen an.
So sehr (mit drei !!!) ich die Beastie Boys als Band liebe, so sehr nervt mich auch deren sinnloses Gequatsche in Interviews. Irgendwann hab ich da keins mehr gelesen, sondern nur noch alles überflogen. Ich mag ja abstrusen Humor, aber bei denen ist er halt zumeist nicht witzig.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Voyage Of Time: Life's Journey (Terrence Malick, 2016) Gestern auf Kinowelt, eigentlich für IMAX gedreht. Grandiose, überwältigende Bilder, oft untermalt von sphärischer Musik. Die philosophisch angehauchten, von Cate Blanchett gesprochenen Off-Kommentare nerven glücklicherweise nicht. Der Film ist für mich eine echte Alternative zur ewigen Koyaanisqatsi-Therapie wenn ich mal schlecht drauf bin, von daher werde ich mir wohl die Blu-Ray holen. 4K gibts leider nicht.
auf pro7 war gestern stephen-king-nacht. dafür hab ich dann mal meine weitgehende tv-abstinenz aufgegeben.
zuerst gab's aber auf arte wichtigeres:
jonas (christophe charrier, 2018)
sehr bewegende und toll gespielte coming of age-geschichte über einen jungen mann, den ein traumatisches erlebnis in seiner jugend aus der bahn geworfen hat und nun versucht, es aufzuarbeiten, um endlich sein leben in den griff zu bekommen. allein schon wegen knautschfresse felix maritaud sehr sehenswert.
dann noch die letzte stunde von
it (andy muschietti, 2017)
und was ich da gesehen habe, hat mich in meiner entscheidung, mir den im kino nicht anzuschauen, bestätigt: eine ansammlung von horrorklischees, mäßig spannend, die alleine durch den fiesen bill skarsgard aufgewertet wird. buh!
carrie (kimberly peirce, 2013)
hier wurde ich wiederum positiv überrascht. mehr als solides remake, das im ersten teil ein viel subtileres und liebevolleres portrait der carrie zeichnet, als das brian de palma in seinem klassiker getan hat und chloe grace moretz, die ja im gegensatz zu sissy spacek nicht gerade aussieht wie ein prototypisches mobbing-opfer, bringt das dennoch überzeugend rüber. und julianne moore, als ihre religiös verblendete mutter ist verdammt creepy und nimmt es spielend mit piper laurie auf. beim großen horror-showdown hat peirce dann noch eine ordentliche schippe blut und gewalt draufgelegt. da zahlen sich dann auch die verbesserten technischen möglichkeiten aus. prädikat: durchaus sehenswert.
und das beste zum schluss:
the shining (stanley kubrick, 1980)
hatte ich eh schon lange nicht mehr gesehen und wie immer ein cineastischer hochgenuss. 10/10
Spike Lee erzählt eine wahre Geschichte über Rassismus aus den 70ern. Das Ganze wirkt aber gleichzeitig auch wie ein Blick auf das USA der Jetztzeit. Das ist ganz nett gemacht. Streckenweise schon ein guter, toll gestylter und unterhaltsamer Film. Rassisitische Idioten werden genau als das dargestellt, was sie sind. Andererseits verfehlt der Film für mich ein wenig die Wirkung. Viel Machogehabe, flotte Sprüche, Ironie … so richtig wird das dem düsteren Thema dann doch nicht gerecht. Ich weiß nicht recht, was Spike Lee da wollte. Das Thema auf die leichte Art angehen und Leute ins Kino locken, die normalerweise um so eine Story einen Bogen machen würden?