Da einem die Blu-Ray praktisch nachgeworfen wird, habe ich mir mal den Spaß gemacht nachzuprüfen, ob der Film wirklich so grauenhaft ist, wie oft berichtet wird (bei IMDB reichen die Kritiken bis hin zu "Verbrechen gegen die Menschlichkeit"). Spoiler: Ist er keineswegs.
Vorab sei gesagt, dass ich kein Musical-Fan bin und Filmen wie "Moulin Rouge" oder "La La Land" absolut nichts abgewinnen kann. "Cats" war mir natürlich ein Begriff, aber bewusst kannte ich daraus eigentlich nur "Memory". Ich habe mir zur Sicherheit auch erst mal die Originalfassung angeschaut. Und das hat sich für mich durchaus gelohnt, die Songs sind allesamt gut und es gefällt mir auch, dass der Film fast ohne Dialoge auskommt.
Was mir aber ausnehmend gut gefällt ist die Optik. Die Kommentare, laut denen die Figuren gruslig wirken, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, die CGI-Schnurrhaare und sich bewegenden Ohren sind toll gelungen und den Charakteren angepasst. Insgesamt wirken die Figuren auch katzenhafter, als es jedes Kostüm erreichen könnte. Was mich manchmal irritiert hat, sind die wechselnden Größenverhältnisse. Mal wirken die Katzen originalgetreu klein (wie es auch ein Songtext beschreibt), in anderen Szenen aber deutlich größer.
Außergewöhnlich gut ist die Besetzung. Die Hauptfigur tanzt in erster Linie mit großen verwunderten Augen durch ihre neue Katzenwelt und erfordert nicht viel Schauspielkunst, dafür ist Ballettstar Francesca Hayward ideal. Der Rest hat es aber in sich: Judi Dench, Ian McKellen, Idris Elba, Jennifer Hudson, Rebel Wilson... da stören auch Taylor Swift und Jason Derulo nicht weiter.
Kurz gesagt: Der Film hat mich gut unterhalten und war anrührend und herzerwärmend, die Zeit verging wie im Flug. Ich werde mir da sicher auch noch die deutsche Fassung anschauen. Allen Leuten, die Weihnachtsfilme hassen, sei "Cats" als Ersatzprogramm empfohlen.
Zitat von Olsen im Beitrag #6738Ich mag den auch. Ob das wieder so ein Internet-Ding ist, das sich verselbständigt hat, wer weiß.
Den Eindruck habe ich auch. Das muss wohl eine richtige Shitstorm-Lawine gewesen sein. Allerdings war es sicherlich auch keine gute Entscheidung, den Film mit unfertigen FX ins Kino zu bringen und eine komplettierte Fassung nach ein paar Wochen nachzuliefern. Da wollte ihn schon keiner mehr sehen.
Jo Nesbø's Headhunters (N/S/DK/D 2011, R: Morten Tyldum, D: Aksel Hennie, Nikolaj Coster-Waldau, Synnøve Macody Lund) Tarantino! Coens! Ritchie! Drunter machte es so mancher Filmkritiker nicht mit den Vergleichen von Norwegens kommerziell erfolgreichstem Film, der als erster norwegisches Werk auch für einen BAFTA nominiert war. Und dann frage ich mich: Wo sehen Kritiker hier Tarantino, Coens und Ritchie? Die haben alle eine ganz eigene Bildsprache, Coolness und vor allen Dingen: Witz! Hier sehe ich eine total unsympathische Hauptfigur, ein beruflicher Headhunter, der, um seinen dekadenten Lebensstil zu finanzieren, Gemälde klaut und verscherbelt. Sein großes Ding soll ein Rubens-Diebstahl sein, den ein neuer Bekannter seiner Frau besitzt. Der war mal Mitglied einer Spezialeinheit. Und solchen Leuten klaut man kein millionenschweres Bild. In den 94 Minuten kommt es zu grotesken Gewaltausbrüchen, die Hauptfigur hat aber wie eine Katze mehrere Leben - nach einer Stunde hatte ich mich schon sehr über den Tod gefreut, aber selbst einen Absturz mit einem Auto von einer Klippe überlebt er leider. Nikolaj Coster-Waldau als Gegenspieler bleibt total blass und ist holzschnittartig. Von der Optik erinnert es auch nicht an die eingangs genannten Filmemacher, sondern an einen Standard-Fernsehfilm. Tja. 5/10
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Bis dann, mein Sohn (CHN 2019, R: Xiaoshuai Wang, D: Jingchun Wang, Mei Yong, Xi Qi, Roy Wang, Jiang Du, Liya Ai, Cheng Xu, Jingjing Li, Yanguozhang Zhao) Was für ein Film! Was für Darsteller! Was für Bilder! Selten sah Trostlosigkeit so schön aus, wie in diesem Drama, das zwei Familien über drei Dekaden begleitet und die Auswirkungen eines Schicksalsschlags und der Ein-Kind-Politik Chinas zeigen. Neben der fantastischen Arbeit des Kameramanns Hyunseok Kim war besonders die Entscheidung Xiaoshuai Wangs richtig, den dreistündigen Film nicht chronologisch zu erzählen, sondern ihn in ein kleines Zeitpuzzle zu zerlegen. So wird nicht nur der Zuschauer gezwungen, sich wirklich auf den Film zu konzentrieren. Er erzeugt aber auch Spannung in diesem vor tiefen Gefühlen strotzenden Epos. Wer Mubi hat, sollte unbedingt schnell schauen, denn am 30. November nimmt der Streamingdienst den Film aus dem Programm. 9/10
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des teufels bad (veronika franz, severin fiala, 2024)
tja, keine ahnung wie dieser film ist, denn das kino umme ecke hat angekündigt: nur noch bis montag, 25.11.. also schnell gebucht. der mensch mit dem scanner war gerade nicht da und so hat mich die dame an der kinotheke mit einem kurzen blick auf das online-ticket einfach durchgewunken. die zusammensetzung des publikums kam mir schon etwas komisch vor: nicht so das typische arthouse-klientel. dann wurde ich mich von meinem platz vertrieben. ich hatte den falschen tag gebucht. na ja, egal es gab noch plätze in der reihe davor. ... und dann geht der film los und wen sehe ich da in der ersten szene: jan josef liefers. ich sitze also nicht nur am falschen tag im kino, sondern auch im falschen film. (des teufels bad läuft hingegen nur noch am 25.11.). so sehe ich also:
alter weißer mann (simon verhoeven, 2024)
um ehrlich zu sein, ohne dass wolfgang m. schmitt in einer seiner filmanalysen ein paar lobende worte verloren hätte, wäre ich aufgestanden und nachhause gegangen. aber so blieb ich sitzen und dachte mir, mal sehen, ob er recht hat. und was soll ich sagen: zur abwechslung mal eine deutsche komödie, die tatsächlich was taugt. ich hab viel gelacht, ob der ganzen wokeness-und inklusionsdiskussionen, die mit neoliberalem optimierungswahn samt KI, familienkrach und einer ladung anderer themen clashen. die schiere überladenheit ist schon recht amüsant, aber v.a. sind es die meist pointierten dialoge, die überzeugen. und die tollen schaupieler, neben liefers (obwohl ich den sonst gar nicht so mag), v.a. nadja uhl, meltem kaplan, friedrich von thun und sogar elyas m'barek hat in seiner kleinen nebenrolle spaß gemacht. alles in allem ein unerwartetes vergnügen.
haha RESPEKT, dass du sitzengeblieben bist! ich hätte den nicht sehen wollen.
ich war vorgstern in "konklave", bin aber gerade zu faul, viel zu schreiben. sehr guter film, schöne bilder und eindrücklicher score von bertelmann. spannende story um eine papstwahl voller plot-twists, historisch interessant, das ende so mittel. aber ein - wie immer - ein herausragender ralph fiennes.
Zitat von kafkaktus im Beitrag #6745haha RESPEKT, dass du sitzengeblieben bist! ich hätte den nicht sehen wollen.
ich war vorgstern in "konklave", bin aber gerade zu faul, viel zu schreiben. sehr guter film, schöne bilder und eindrücklicher score von bertelmann. spannende story um eine papstwahl voller plot-twists, historisch interessant, das ende so mittel. aber ein - wie immer - ein herausragender ralph fiennes.
Nachdem ich den Trailer gesehen hatte, stand der Film auf meiner Liste, seitdem ich eine Filmlritik gelesen habe, tut er dies nicht mehr. War ich zu vorschnell?
Wenn das hier ein Kulturkreis ist, bin ich wohl ein Quadrat.
Rickerl Voodoo Jürgens irrlichtert als österreichischer Llewin Davis durch die Beisl Wiens auf der Suche nach dem richtigen Leben zwischen Musik, Vaterschaft und unbezahlten Rechnungen. Wunderschöne und herzliche Hymne auf die Kunst, das Scheitern und Wien. Aber nur mit Untertitel.
The Hunt (2020) Eine extrem brutale Satire, die auf der Richard-Connell-Geschichte The Most Dangerous Game basiert, das Prinzip der Menschenjagd allerdings noch ein Stückchen weiter dreht, indem es einen Haufen elitärer Liberaler eine Gruppenjagd auf großmäulerische Konservative machen lässt. Der Film geht sofort in die Vollen und punktet damit, dass von Anfang an reihenweise potenzielle Hauptfiguren eliminiert werden, was einen Überraschungseffekt nach dem anderen produziert. Später wird es etwas konventioneller und man kriegt die nötigsten Erklärungen nachgeliefert, aber die Kämpfe, Fallen und Drehs bleiben originell und spannend. Ich hatte viel Spaß mit dem Film, den man gerade auf Netflix ansehen kann.
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Möglicherweise mein Film des Jahres (kam hier erst dieses Jahr raus). Dieser wundervolle leicht hakelige französische Animationsstil passt hervorragend zu einer aufregenden Sci-Fi-Noir-Story, die sich nur auf der Oberfläche mit dem Mord an zwei jungen Frauen befassen möchte. Darunter schlummert das Wesentliche, nämlich ein bis ins Detail ausgearbeitetes Gesellschafts- und Zukunftsbild, das viele Fragen an uns hat, denen wir uns stellen müssen. Der Film kommt auf Ideen, die ich so noch nie gesehen habe, das World Building ist schlicht phänomenal. Und hier kommt endlich mal wieder ein FIlm ums Eck, der weiß, wie man eine große Idee zu Ende denkt. Grandios.
Der Trailer suggeriert, wie immer, mehr Action als eigentlich vorhanden. Das hat mich auch erst abgeturnt, wird dem Film aber zum Glück nicht gerecht.